Anna Schiller-Haus

Geschichte

Anna Schiller legte den Grundstein

Eine Einrichtung mit 22 Plätzen nach § 67 SGB XII für wohnungslose Männer mit Bedarf auf eine besondere Wohnform bzw. außerhalb einer besonderen Wohnform. 1981 mit Hilfe einer Spende von Anna Schiller (1890-1976) als „Ökumenische Nichtseßhaftenhilfe“ in der Kaiserstraße 33 gegründet und 1997 als Anna Schiller-Haus in das Franziskanerkloster verlegt.

Anna Schiller (1890 -1976)
Sie öffnete ihre Hand für den Armen

Eine Grabplatte (die jetzt im Gladbacher Münster aufbewahrt wird; das Grab ist inzwischen aufgehoben) auf dem Hauptfriedhof an der Viersener Straße in Mönchengladbach trägt den Namen "Anna Schiller". Darunter stehen die Worte "Sie öffnete ihre Hand für den Armen" - ein Satz aus dem Lob der "Tüchtigen Frau", das im Buch der Sprichwörter des ersten Testaments (Spr 31,10-31) steht. Der Grabstein stammt sozusagen aus dem "second-hand-shop" und stand früher auf der Grabstätte der Familie Baues.
Er paßt zu Anna Schiller "Geben Sie für mein Grab bloß kein Geld aus", sagte sie mir "Ich habe doch nichts davon. Geben Sie das Geld lieber den Armen". Ich lernte Anna Schiller kennen, als sie 82 Jahre alt war. Oft kam sie morgens nach dem 9-Uhr-Gottesdienst in der Pfarrkirche und brachte 50,- oder 100,- DM. "Für die Armen" sagte sie "Sie haben doch selbst nichts!", sagte ich dann öfter zu ihr. "Ich habe alles, was ich brauche", antwortete sie.

Vom Leben dieser außerordentlichen Frau habe ich eigentlich erst nach ihrem Tod Näheres erfahren. Sie war laut Taufschein des Pfarramtes Reichdorf in Böhmen am 18. November 1890 in "Düsseldorf in Westphalen" geboren, jedoch in Reichdorf aufgewachsen. Eine Ausbildung erhielt Anna Schiller nicht. Nach dem Besuch der Volksschule kam sie zunächst zu Kürschner Dierkes in Osnabrück in die Lehre, wurde auf Wunsch der Eltern aus der Lehre entlassen und wurde dann - wie ihr Gesinde-Dienstbuch erzählt - Dienstmädchen bei verschiedenen Herrschaften in Osnabrück, Dortmund, Wipperfürth und Mönchengladbach. Sie half im Haushalt, wusch Wäsche, putzte, schrubbte und kümmerte sich um die Kinder. "Sie war stets treu und ehrlich, und kann sie jeder Herrschaft empfehlen", lautet eines ihrer Zeugnisse im Gesinde-Dienst-Buch. Anna Schiller blieb unverheiratet.

Das Gesinde-Dienst-Buch beschreibt Anna Schiller so: "Statur klein, Augen dunkel, Nase und Mund gewöhnlich, Haare dunkel". Ich kann mir die kleine Frau Schiller noch sehr lebhaft vorstellen. Sie trug immer den selben schwarzen Mantel, einen schwarzen runden Hut, eine schwarze Handtasche, schwarze Strumpfe und Schuhe. Ihr Kleid bekam ich nie zu sehen. Ihr Gesicht war sehr gutig und lieb, kluge Augen blitzten hinter ihrer sehr einfachen Brille, und weiße Haare schauten unter dem Hut hervor. Nie schimpfte oder klagte sie. Und laufen konnte sie bis zu ihrem Tod sehr schnell. Als Anna Schiller 85 Jahre alt war, erzahlte sie mir eines Tages "Ich bin jetzt reich, habe von meiner Schwester viel geerbt, ein Haus und eine Eigentumswohnung". Zum ersten Mal erfuhr ich jetzt, wieviel Leid im Leben von Anna Schiller stand. "Sie und andere in der Familie haben mich sehr gequält - Ich will keinen Pfennig. Ist alles für die Armen". "Überlegen Sie sich das gut", sagte ich zu ihr "Sie brauchen doch selber Geld". "Nein, nein, das alles bekommen die Armen". 336 000,- DM erhielt der "Verein Wohlfahrt" e.V. vom Verkauf des Eigentums von Anna Schiller.

Von diesem Geld wurde die "Ökumenische Nichtseßhaften-Hilfe", das spätere "Anna-Schiller-Haus" für wohnungslose Männer auf der Kaiserstraße 33 (seit Herbst 1997 im Franziskanerkloster, Bettrather Straße 79a) eingerichtet. So ist sie nach ihrem Tod die Mutter der Obdachlosen geworden. Kurz nach unserem Termin beim Notar starb Anna Schiller am 28. November 1976 im Alter von 86 Jahren. Sie erlag einem Herzschlag, den sie auf der Treppe zu ihrem Dachzimmer auf der Hindenburgstraße 325 erlitt und war sofort tot.

Jetzt kam heraus, was Anna Schiller besaß. Außer ein paar alten Möbeln, den genannten Kleidungsstücken, einer Waschschussel mit Kanne fand sich in ihrem Zimmer noch ein Pappkarton mit ihrem Gesinde-Dienstbuch, dem Stammbuch ihrer verstorbenen Schwester, ihrem Taufschein, einigen Briefen und Karten und 63 Pfennigen im Portemonnaie. Der Pappkarton ist (neben dem Grabstein) jetzt kostbarer Teil der Schatzkammer des Gladbacher Münsters und wird ebenso ehrfürchtig behandelt und gezeigt wie die Reliquien, Figuren, Handschriften, liturgischen Geräte und anderen Kostbarkeiten aus der 1000jährigen Geschichte der früheren Abtei Gladbach. Literatur zum Leben von Anna Schiller gibt es seit 1995 "Anna Schiller - ein kleines Lesebuch - Klasse 4 der Kath. Grundschule Anton-Heinen Mönchengladbach". Die Klasse 4 ist weitergegangen. Auf Antrag der Kinder und mit Unterstützung von Oberbürgermeister Heinz Feldhege wurde der Weg zwischen Gasthausstraße und Neustraße nach der kleinen Frau "Anna-Schiller-Stiege" benannt. "Helferin der Armen" wird sie auf dem Straßenschild ehrenvoll genannt. Das war sie, und das bleibt sie. Ihr Andenken ist ein Segen!

Edmund Erlemann

Lesen Sie dazu das Heft, das die 4. Klasse der Anton Heinen Grundschule im Jahr 1996 erstellt hat. Die Klasse hat auch die Namensgebung der "Anna-Schiller-Stiege" am Abteiberg initiert.

  Anna Schiller-Heft - 6 MB
Aktualisierte Ausgabe des Heftes von 1995, erstellt von Kindern der Anton-Heinen-Schule.

Anna Schiller 1890-1976

Anna Schiller 1890-1976

So stellten sich die Kinder der 4. Klasse der Anton-Heinen Grunschule Anna Schiller nach der Beschreibung Eddi Erlemanns vor.

So stellten sich die Kinder der 4. Klasse der Anton-Heinen Grunschule Anna Schiller nach der Beschreibung Eddi Erlemanns vor.

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